Frage
Meine Tochter ist 12 Jahre
und tut alles, um nicht zur Schule gehen zu müssen. Wir haben uns sehr bemüht, waren
auch schon beim Schulpsychologen – bisher ohne Erfolg. Inzwischen mussten wir
bereits ein Bußgeld zahlen. Einen triftigen Grund kann sie nicht nennen. Wir
machen uns Sorgen um Ihre Zukunft.
Gibt es irgendeine
Möglichkeit, sie dazu zu bewegen, regelmäßig zur Schule zu gehen?
Antwort
Sicherlich hat Ihre Tochter einen Grund, so zu
handeln. Dies ist ihr nur nicht bewusst.
Ob das „psychologisch“ zu ergründen ist, da haben
wir auch unsere Zweifel. Die Psychologie gibt zwar vor, die Wissenschaft von
der „Psyche“ (Seele) zu sein, bezieht jedoch so etwas wie eine Seele oder
Bewusstsein nicht ein.
Machen Sie das den Psychologen bitte nicht zum
Vorwurf, sie tun ihr Bestes, aber eben mit einer recht eingeschränkter
Sichtweise.
Die Psychologie ist zwar schon weiter wie die
Schulbehörde, die meint, das sei eine Sache von Strafe, in Ihrem Fall sogar
eine für Sie. Dass so etwas wie „Strafe“ niemals Probleme wirklich löst, muss
nicht weiter angesprochen werden, zeigt aber beispielhaft, welche Qualität von
Regierung und Behörden zu erwarten ist. Sie wissen es halt nicht anders,
deshalb befassen sie sich mit Bildungsfragen auch nur nur oberflächlich,
vorzugsweise mit den Finanzen, aber nicht wirklich thematisch oder
lösungsorientiert.
Wir wollen eine ganz andere Sichtweise einführen. Sie
soll nicht zuvörderst Ihrer Tochter helfen, sondern zunächst Ihnen, Ihre
Tochter – und auch sich selbst - zu verstehen, damit sie beide einander
wirklich verstehen können.
Leben währt immer – der Tod ist nur eine Form der
Veränderung des Lebens. Wir Menschen habe alle viele hunderte Mal diese
Veränderung von Geburt und Tod erfahren. In jedem Leben wurden andere Rollen
gespielt, andere Erfahrungen gemacht. Wir waren Reiche, Arme, Heilige, Mörder,
Frauen, Männer – all das, was stets anderen oder neuen Erfahrungen entsprach. Und
in den Zwischenphasen waren wir ätherische Körper, manche nennen das vielleicht
Engel.
Vor jeder neuen Geburt legen wir wohl – zumindest im
Groben – die Erfahrungen fest, die wir beabsichtigen zu machen. Dieses Spiel
der Erfahrungen bedarf bestimmter Mitspieler, bestimmter Situationen,
bestimmter Veränderungen.
Schule berücksichtigt dies alles nicht, zieht es
noch nicht einmal in Erwägung. In Schule gibt es klare Regeln, ist Wissen
festgelegt, wird ein „Standard-Typ“ von Mensch angenommen.
Abweichungen vom „Standard“ werden kaum zugelassen,
was möglicherweise auch Ihre Tochter so sieht. Sie könnte in ihrem tiefsten
Inneren wissen, dass ihre Erfahrungen, die sie machen möchte, mit denen der
Schule irgendwie nicht vereinbar sein könnten. Statt sich dem auszusetzen, geht
sie einfach den Weg der Verweigerung. Und da sie es nicht ausdrücken kann oder
will, geht sie einfach nicht hin zu dieser Einrichtung, die für sie nichts zu
bedeuten scheint.
Wir würden zunächst nicht raten, so wie wir dies
jetzt tun, mit ihr zu sprechen. Sie könnte auch das nicht verstehen, denn sie
erinnert sich nicht an ihr „geplantes“ Erfahrungskonzept. Es ist für Sie selbst
gedacht, um als Mutter ihr persönliches Verständnis bezüglich Ihrer Tochter zu
erweitern.
Aus dieser Sichtweise macht das Einreden eines „schlechten
Gewissens“, machen Drohungen und Strafen nicht nur keinen Sinn, sondern
verhärten nur. Ihre Tochter braucht Sie jedoch gerade jetzt als
verständnisvollen Gesprächspartner, als Freundin. Findet sie solches nicht in
der Familie, könnte es sein, dass sie das außerhalb der Familie sucht und etwas
findet, das so ist, dass Sie daran „erst gar nicht denken mögen“….
Sprechen Sie jetzt vielmehr mit Ihrer Tochter über
deren Wünsche, Träume, Zukunft. Bieten sie ihr an, dies möglichst phantasievoll
zu tun, sich vielleicht auszudrücken nicht nur in Worten, sondern im
Rollenspiel, musisch oder im Malen. Worte – ganz nebenbei – sind nur ein ganz
kleiner Teil wirklicher Kommunikation, auch wenn uns das anders vorkommt. Ihre
Gedanken, Ihre Gesten, Ihre Stimmen-Energie, etc., das alles hat eine
wesentlich größere Bedeutung für Kommunikation als Sie vielleicht denken.
Da auch Sie Teilnehmer des Daseinskreislaufes sind,
haben auch Sie „geplante Lebenserfahrungen“ mitgebracht.
Damit wären wir bei einer sehr bedeutenden Sicht
und Frage. „Leben Sie selbst das Leben, das Sie einst wollten, wirklich
wollten? Das können Sie leicht prüfen, wenn Sie an Zufriedenheit, Erfülltsein,
Freude, Spaß denken.
Sie wissen zwar nie, was Ihre Tochter mit diesem
Leben wirklich beabsichtigen wollte, aber Sie können das für sich selbst
erfahren. Ihre Tochter ist jetzt sozusagen für Sie der „Lehrer“ geworden,
anzufangen, das eigene Leben wirklich zu leben.
Und Sie werden sehen, je mehr Sie beginnen,
wirklich zu leben, umso mehr kann oder wird dies Ausfluss auf das Leben Ihrer
Tochter haben. Denn Sie werden ein positives Beispiel für sie sein können.
Was wollten Sie dem entgegenhalten, wenn Ihre
Tochter der Auffassung wäre, dass – obwohl Sie selbst regelmäßig zu Schule
gingen – das zum Leben nicht viel beigetragen hat, zu dem zumindest nicht, was
Erfüllung und Lebensfreude beinhaltet? Natürlich wird Ihre Tochter das nicht
verstandesmäßig so ausdrücken, aber im tieferen Inneren könnte sie so
empfinden.
Nehmen wir an, Sie beginnen sich in Richtung mehr Lebensfreude
zu entwickeln, dann passieren zwei Dinge:
a.
Ihre Tochter würde erkennen können, dass trotz des
regelmäßigen Schulbesuchs, jeder jederzeit die Regie über das behält, was in
seinem Leben geschehen soll, nicht nur alle Möglichkeiten selbst in der Hand hält,
sondern natürlich auch die Verantwortung dafür.
b.
Würde Ihre gewandelte „Gedanken-Energie“ ein
anderes, ein positives Feld Ihrer Tochter anbieten. Und die Wahrscheinlichkeit
ist groß, dass sie dazu Zugang findet.
Nebenbei gesagt, wir haben große Zweifel, ob Eltern
wirklich Ihren Kindern sagen können, was für die Zukunft der Kinder „richtig“
ist. Zum einen wissen die meisten Eltern dies noch nicht einmal für ihr eigenes
Leben, denn sonst wären Eltern ein blühendes Lebensvorbild. Zu anderen würde
das dem widersprechen, dass jeder Mensch anders ist und das Recht darauf hat, selbst
Erfahrungen zu machen. Freiheit des Einzelnen ist mehr als nur eine Worthülse.
Gleiches gilt dann besonders für die „Vorbilder“,
z.B. die Politiker und Psychologen. Sie „strahlen“ förmlich Lebensfreude aus –
oder?
Beginnen Sie nicht mit „guten Ratschlägen“, oder so
etwas wie „was soll nur aus dir werden?“ Sprechen Sie besser nur über sich
selbst, Ihre eigenen Entwicklungen, Ihre Fehler, Ihre Veränderungen. Zeigen Sie
Verständnis für Ihre Tochter, aber machen Sie ihr auch deutlich, dass nur sie
letztlich die Verantwortung für das übernehmen kann, was sie verursacht. Bieten
Sie vielleicht so etwas wie Denk-Optionen an.
Kurzum und prägnant: Sprechen Sie mit ihr wie von „Engel
zu Engel“. Sie wissen nicht, wie das geht? Es wäre wert, es auszuprobieren… -
es sei denn, Ihr jetziges Konzept wäre schon erfolgreich.
Helfen – eine sehr missverstandene Vokabel in
unserer Gesellschaft, beinhaltet eigentlich ein subtiles „Machtkonzept“, denn
es sagt – tiefer gehend – aus: Ich kann etwas, was du nicht kannst.
Wir meinen jedoch, Ihre Tochter kann, sie hat wohl
eher Zweifel, das „richtige“ zu tun. Aber gibt es so etwas wie „richtig“
wirklich? Selbst die Wissenschaft weiß, dass „richtig“ nur soweit gilt, bis es
widerlegt wurde. Und was tut sie – sie sucht weiter. Also scheint sie selbst
überzeugt zu sein, dass es mehr gibt. Vorläufig „richtig“ wäre angemessen –
besser wäre es zu sagen, dass es nicht e
i n e Wahrheit gibt, sondern v i e l e
Wahrheiten.
Was wäre jetzt die Sache mit dem Bußgeld oder die
Therapie beim Psychologen oder mit den „Lebensratschlägen“ von Eltern?
Deshalb tun wir uns im unserem Netzwerk bewusst
schwer, den „Super-Rat“ zu erteilen. Wir begrenzen uns eher darauf, Menschen zu
ermutigen, Denk-Grenzen zu überschreiten. Denk-Grenzen überschreiten zu können,
hat auch nichts mit Intelligenz zu tun, eher geht es um Mut, selbst neue
Erfahrungen zu machen, etwas Neues auszuprobieren.
Es lohnt sich für Eltern, das zu tun!